Pressemeldung BI-Gailhof 28.09.2020

Die Bürgerinitiative Gailhof/Meitze und der Verein Bürger für eine Lebenswerte Wedemark
(BLW) tragen an diesem Montag mit einem symbolischen Sarg vor dem Rathaus die
Wohlfühlgemeinde Wedemark zu Grabe. „Dass Gemeinde und Kommunalpolitik trotz allem
ohne Wenn und Aber an den Planungen festhalten und ihren Bürgern ein 9,4 Hektar großes
Industriegebiet genau vor die Tür setzen wollen, ist für uns völlig unverständlich und zeigt von
großer Skrupellosigkeit“, kritisiert Maggie Garland von der Bürgerinitiative (BI). Mehr als 180
Seiten an Einwendungen in zwei Verfahrensschritten hat die Gemeinde allein schon von
Bürgern der Wedemark zum Industrie- und Gewerbegebiet Neuer Hessenweg bearbeitet.

Dass Gemeinde und Kommunalpolitik nun – kurz vor der Protestaktion – einen kleinen Aufschub
des Bauleitverfahrens medienwirksam ankündigen, beeindruckt die Initiativen wenig. „Den Stop
wegen des Umweltgutachtens als Beweis für eine transparenten Weg des Verfahrens
auszuschlachten, ist reine Augenwischerei“, kritisieren sie. Wesentliche Punkte des -– übrigens
durch Einwendung der BI und des BLW forcierten – Umweltgutachtens seien auch schon
vorher im Rahmen des Bauleitverfahrens bekannt gewesen. Der kurze Verfahrensstopp und die
Neuauslegung des Umweltgutachtens sollten nicht darüber hinwegtäuschen, vor welchen
gravierenden Auswirkungen der Bebauung die einwendenden Behörden schon vorher gewarnt
haben. Unter anderem hatte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Hannover in seinen
Einwendungen „grundsätzliche Bedenken insbesondere hinsichtlich des
Lärmimmissionsschutzes“ geäußert, die Niedersächsische Landesforsten mit dem Forstamt
Fuhrberg hatten vor „erheblichen Störungen im Wald, vor Immissionen von Lärm, Staub und
Abgasen“ gewarnt.

Weder die umfangreichen Einwendungen der Behörden noch ihre eigenen sehen die Bürger
ausreichend berücksichtigt. Auf manche Einwendungen der Bürger habe die Gemeinde
lediglich mit Vermerken wie „das wird zur Kenntnis genommen“ oder „diese Einschätzung teilt
die Gemeinde nicht“ reagiert. „Es bleibt festzuhalten, dass wir als Bürger und Einwohner der
Gemeinde Wedemark uns einer großen Willkür seitens Verwaltungsführung und
Kommunalpolitik ausgesetzt fühlen“, so Garland. „Im gesamten Bauleitverfahren zum Neuen
Hessenweg hat die Gemeinde immer wieder Vorgaben so gedreht, äußere Umstände wie
Corona so genutzt, dass dem Verfahren möglichst wenig Hürden im Weg standen. Die
öffentliche Bürgerbeteiligung hat im wahrsten Sinne des Wortes nur ,auf dem Papier‘
bestanden. Dieses Vorgehen von Gemeinde und Kommunalpolitik zeugt von einer großen
Geringschätzung gegenüber dem Bürger.“

Ein Hieb ins Gesicht für jeden betroffenen Anwohner sei es, wenn die Gemeinde in diesen
Tagen, obwohl die abschließenden Beschlüsse noch gar nicht erfolgt sind, am neuen
Hessenweg ein entstehendes „Leuchtturmprojekt mit Strahlkraft“ lobt. Das empfänden viele
Betroffene als zynisch, denn in der Tat werden nicht nur die gravierenden Auswirkungen der
Planung auf das Leben der Anwohner der Wedemark, sondern auch die bitteren Erfahrungen,
die die Bürger in diesem Verfahren mit der Gemeinde und der Kommunalpolitik gemacht
haben, tatsächlich über Jahrzehnte „ausstrahlen“ : Wer täglich bis zu 500 zusätzliche LkW
(Gutachten!) an seinem Lebensmittelpunkt ertragen muss, der vergisst nicht.

Auch eine Hand voll Interessenten für das geplante Gewerbegebiet, die die Gemeinde
verkündet, sei kein Beweis für die Notwendigkeit, knapp 20 Hektar Wedemark unwiderbringlich
zu opfern. Denn 9,4 Hektar davon sind kein Gewerbegebiet, sondern werden zu Logistikhallen.
Hallen, von denen die Gemeinde bisher jeden Beweis schuldig geblieben ist, dass sie
angesichts des Überangebotes solcher Immobilien in der Region überhaupt notwendig sind.

Die Gemeinde hat einem Anwohner vor wenigen Tagen nun auch noch jegliche Einsichtnahme
in die städtebaulichen Verträge verwehrt. Das verstärke den Eindruck, so Garland, dass dem
Investor im Vorfeld seitens des Bürgermeisters Zusagen gegeben wurden, die Druck auf das
gesamte Verfahren ausgeübt haben. Warum sonst wurden Ratsmitglieder zu jeglichem
Stillschweigen zur Sache verpflichtet und Ortsräten mit dem Rausschmiss aus der Partei
gedroht, wenn sie gegen das Gebiet stimmen?

Die Bürgerinitiative Gailhof/Meitze und der BLW möchten an dieser Stelle noch einmal
ausdrücklich betonen, dass es für sie NICHT um die Ausweisung eines Gewerbegebietes für
kleine- und mittelständische Unternehmen, sondern um 9,4 Hektar geplantes
INDUSTRIEgebiet geht, die sie ablehnen. Dieses Gebiet soll, so die Argumente, für Logistik
gedacht sein. Pikant ist, dass die Gemeinde die Nutzung dieses Industriegebietes auch in der
Flächennutzungsplanänderung ganz bewusst offen lässt. Das bedeutet: Für Anwohner kann es
langfristig sogar noch schlimmer kommen, denn die Vorgaben des Flächennutzungsplanes
geben auch die Ansiedlung anderer, belastender Industrie her.